Am Montag um 20.15 Uhr geht es wieder zur Sache: Die Flirtshow «Love Island» spielt diesmal auf Mallorca. Shona Fraser von RTLzwei gehört zu den Machern des Formats.
Im dpa-Interview erzählt die Branchenkennerin, was Reality-TV erfolgreich macht. Nackte Tatsachen seien «zumindest nicht hinderlich», weiß sie zu berichten.
Frage: Liebe Frau Fraser, was hat sich in mehr als 20 Jahren Reality-TV verändert?
Antwort: Das Fernsehen muss sich ständig neu erfinden. Das gilt für Unterhaltungsformate und insbesondere auch für Reality-TV. Mit dem Start der ersten «Big Brother»-Staffel um die Jahrtausendwende hat RTLzwei eines der ersten großen Reality-Formate auf den deutschen Markt gebracht. Seitdem hat sich viel verändert, dabei wurden in 20 Jahren auch viele Grenzen ausgetestet. Zurzeit stelle ich aber fest, dass «härter, weiter, höher» nicht mehr gilt. Das Publikum und der Cast wollen auf Augenhöhe und mit Respekt behandelt werden.
Frage: Was braucht es, damit eine Sendung erfolgreich wird?
Antwort: Nahezu jede spannende Geschichte basiert auf der Heldenreise, das gilt sowohl für Theaterstücke, Spielfilme und Serien als eben auch für Reality-TV. Der Held verlässt seine gewohnte Umgebung, stürzt sich in Abenteuer, durchlebt eine äußere und innere Reise und kehrt verändert zurück. Unsere Protagonistinnen und Protagonisten sind jedoch echte Menschen. Daher müssen wir verantwortungsvoll mit ihnen umgehen und ihre Geschichte mitfühlend erzählen, nur dann kann eine Bindung mit den Zuschauern entstehen. Außerdem müssen Sendungen am Puls der Zeit sein und Genrekonventionen immer wieder in Frage stellen.
Frage: Haben Sie nicht irgendwann ganz Deutschland durchgecastet?
Antwort: Genau das ist das Großartige an unserem Job! Wir dürfen viele neue Menschen kennenlernen und erleben dadurch auch, wie stark sich die Werte der Generationen verändern. Als ich selbst 20 Jahre alt war, wollte ich rebellieren und vor allem Partys feiern. Bei «Love Island» lernen wir hingegen sportliche und ehrgeizige Menschen kennen, die diszipliniert, reflektiert und zukunftsorientiert handeln. Ich betrachte es als Privileg, so viele großartige Menschen kennenlernen zu dürfen, die mich immer wieder aufs Neue überraschen. Und nicht zu vergessen: Bei «Love Island» sind viele ernsthafte Beziehungen entstanden, sogar eine Schwangerschaft ging aus einer der Staffeln hervor. Wer bei uns die Liebe finden will, kann also fündig werden.
Frage: Wie dreht man eine Flirtshow in Corona-Zeiten?
Antwort: Corona hat uns in der Tat vor eine große Herausforderung gestellt, die wir so vorher nicht kannten. Bei «Love Island» haben wir im letzten Jahr in enger Abstimmung mit den örtlichen Behörden mit einem engmaschigen Testkonzept, einer Quarantänepflicht und einer Produktion in Isolation neue Maßstäbe gesetzt. So konnten wir Ansteckungsketten erfolgreich unterbrechen. Dieses Konzept haben wir erfolgreich bei «Kampf der Realitystars» angewandt und ist mittlerweile ein standardisierter Prozess bei allen Produktionen – so lange es nötig ist.
Frage: Wieviel Nacktheit verträgt ein Realityformat?
Antwort: Sie ist zumindest nicht hinderlich – wer würde schon an einem Datingformat auf einer arktischen Insel teilnehmen wollen? Ernsthaft: Ob Menschen viel oder wenig anhaben, ist abhängig vom Showkonzept und der Story. Mit «Adam sucht Eva» konnten wir bei unserem Schwestersender RTL einen Dauerbrenner loseisen. Dort lernen sich Singles nackt in einer traumhaften Location kennen. Mehr Authentizität auf körperlicher Ebene geht nicht, stellt aber bei Realityformaten auch eine Ausnahme dar. Wir werden das Format natürlich weiterentwickeln und auch hier nimmt der RTLzwei-Humor einen großen Platz ein. Sowohl die Zuschauer als auch die Menschen vor der Kamera bei «Adam sucht Eva» sollen im Garten Eden gemeinsam viel Spaß haben.
Frage: Sie sind in Newcastle geboren. Was können wir beim Thema Reality von den Briten lernen?
Antwort: Eine schöne Frage! Ich nehme es schon so wahr, dass die Branche in meiner alten Heimat mutiger und experimentierfreudiger ist. Ich denke, das würde dem deutschen Markt ebenfalls guttun. Zudem würde ich mich freuen, wenn sich insbesondere Medienjournalistinnen und -journalisten differenzierter mit dem Genre auseinandersetzen und das eigentliche Handwerk einordnen würden. Dies müsste aber unabhängig von persönlichen Befindlichkeiten und persönlichem Geschmack passieren. Denn aus fundierten, wenn auch harten Kritiken, können wir TV-Macher lernen. Und das macht das Programm am Ende des Tages besser. In Großbritannien ist es für seriöse Tageszeitungen kein Tabu, regelmäßig über «Love Island» zu berichten. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich die Briten selber nicht so ernst nehmen.
ZUR PERSON: Viele Fans der RTL-Show «Deutschland sucht den Superstar» kennen Shona Fraser noch als Jurorin der ersten beiden Staffeln. Die gebürtige Britin ist aber vor allem als Regisseurin und Produzentin erfolgreich. Fraser war etwa an der Castingshow «Popstars» beteiligt.
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