75 Jahre lang stand sie vor der Kamera. Drei Mal war sie für einen Oscar nominiert, mehrfach für den Emmy-TV-Preis. Sie räumte sechs Golden-Globe-Trophäen ab und gewann dazu fünf Tony-Awards für ihre Bühnenauftritte. Im vorigen Juni, als die Film-, Fernseh- und Bühnen-Ikone Angela Lansbury schon 96 Jahre alt war, kam ein weiterer Preis hinzu – der Tony Award für ihr Lebenswerk. Die prestigeträchtige Theater-Auszeichnung wurde in der New Yorker Radio City Music Hall verliehen, doch Lansbury nahm die Trophäe nicht mehr persönlich entgegen.
Schon damals waren Fans in Sorge – nun trauern Familie, Kollegen und Bewunderer um die Schauspielerin. Lansbury ist am Dienstag, nur fünf Tage vor ihrem 97. Geburtstag, gestorben, wie ihre Familie in einem Statement, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, mitteilte. Ihre Mutter sei zu Hause «friedlich» im Schlaf gestorben, schrieben ihre drei Kinder.
Viele kennen und lieben die britisch-amerikanische Schauspielerin unter dem Namen Jessica Fletcher: Mit ihrer Hauptrolle in der TV-Serie «Mord ist ihr Hobby» (im Original «Murder, She Wrote») verschaffte sich Lansbury wohl die meisten Fans. Mit zwölf Jahren Laufzeit war es eine der erfolgreichsten Detektiv-Serien des US-Fernsehens. 1996 löste Lansbury als neugierige Hobby-Detektivin Fletcher ihren letzten Fall.
Tod des Vaters prägte Lansbury
Geboren wurde sie 1925 im Londoner East End. Ihr Vater starb an Krebs, als sie noch ein Kind war. Der schockierende Verlust habe sie völlig verändert, erzählte Lansbury 2014 der britischen Zeitung «Daily Mail». Sie sei in ihrer Trauer zur Träumerin geworden und früh dem Beruf ihrer Mutter gefolgt. Die irische Schauspielerin Moyna MacGill zog während des Zweiten Weltkriegs mit ihren vier Kindern erst nach New York, dann nach Los Angeles.
Mit 17 jobbte Lansbury in einem Kaufhaus, als ein Agent auf die junge Schauspielerin aufmerksam wurde. Das Hollywood-Studio MGM suchte eine Darstellerin mit britischem Akzent. «In der einen Minute packe ich Weihnachtsgeschenke in einem Geschäft ein, in der nächsten Minute drehe ich mit Ingrid Bergman. Das grenzte an ein Wunder», sagte Lansbury der «Daily Mail». Ihr erster Film, der Psycho-Thriller «Das Haus der Lady Alquist» («Gaslight»), in dem sie ein hinterhältiges Dienstmädchen spielte, brachte Lansbury 1945 eine Oscar-Nominierung als beste Nebendarstellerin ein.
2013 mit Ehren-Oscar gewürdigt
Auf diesen Traumstart folgte schon ein Jahr später die zweite Nominierung für das Horror-Drama «Das Bildnis des Dorian Gray». Zum dritten Mal konnte Lansbury mit ihrer Rolle als kaltblütige Drahtzieherin in dem Politthriller «Botschafter der Angst», an der Seite von Frank Sinatra, auf einen Oscar hoffen. Im Wettbewerb ging sie zwar immer leer aus, aber die Film-Akademie würdigte den Star schließlich 2013 mit einen Ehren-Oscar. Ein Jahr später kam noch der Titel «Dame» dazu, nach Ehrung durch die britische Queen.
Mit 19 hatte sie den viele Jahre älteren US-Schauspieler Richard Cromwell geheiratet, die Ehe hielt kaum ein Jahr. Cromwell war homosexuell, das hatte er in Hollywood und vor Lansbury verschwiegen. 1949 gab sie dem britischen Schauspieler und späteren Produzenten Peter Shaw das Jawort. Die Beziehung dauerte 54 Jahre an – bis zu dessen Tod im Jahr 2003. Shaw brachte einen Sohn mit in die Ehe, zusammen hatten sie zwei Kinder.
In den 1970er Jahren wurde die Schauspielerin mit Musicals wie «Gypsy» und «Sweeney Todd» am Broadway zum gefeierten Bühnen-Star. Sie gehörte auch zur Starbesetzung von Kriminalfilmen wie «Tod auf dem Nil (1978) und «Mord im Spiegel» (1980).
«Mord ist ihr Hobby» war ein Familienprojekt
Mit 60 Jahren, in einem Alter, in dem viele Schauspielerinnen über Rollenmangel klagen, kam Lansbury dann als Detektivin Jessica Fletcher groß raus. Die mehr als 260 Folgen der TV-Serie «Mord ist ihr Hobby» (1984-1996) waren ein Familienprojekt: Sohn Anthony führte häufig Regie, Ehemann Shaw war als Produzent an Bord. Sie habe 264 Mordfälle gelöst und diese Rolle geliebt, erzählte Lansbury im Jahr 2000 dem US-Radiosender NPR. Fletcher sei mutig, sexy, liberal und sportlich gewesen, Qualitäten in einer Frau, die ihr sehr gefallen hätten.
Mit einer Rolle als grässliche Großtante in dem Fantasymärchen «Eine zauberhafte Nanny» meldete sich Lansbury 2005 nach einer längeren Drehpause zurück. Mit 89 Jahren trat sie in dem Bühnen-Stück «Blithe Spirit» in London auf und holte 2015 einen Olivier Award, den wichtigsten Theaterpreis Großbritanniens. Drei Jahre später war sie als Luftballonverkäuferin in dem Musikfilm «Mary Poppins‘ Rückkehr» (2018) im Kino zu sehen.
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