Rummms, da geht die Kirchentür auf und ein gestrenger Aufseher mit äußerst humorlosem Gesicht betritt das Gotteshaus. Vikarin Rebecca Taylor hat gerade zwei Frauen getraut, was ihrem Chef so gar nicht zu gefallen scheint.
Spannung liegt in der Luft. «Hoffentlich kriegen Sie wegen uns keinen Ärger», sagt eine der beiden Frischgetrauten verunsichert. Die Jung-Vikarin aber ist sich ihrer Sache gewiss: «Vor Gott sind wir alle gleich.»
So beginnt der neue Rosamunde-Pilcher-Film («Rosamunde Pilcher: Im siebten Himmel»), den das ZDF am Sonntag (5. Dezember 2021, 20.15 Uhr) zeigt. Manch einer wird sich fragen, warum man das so herausstellen muss. Aber im Pilcher-Film-Universum, das es seit 1993 gibt und das nicht gerade als Hort des Fortschritts verschrien ist, ist es eine kleine Sensation. Erstmals wird die Trauung eines gleichgeschlechtlichen Paares gezeigt. Die Szene ist kurz – aber verbunden mit einer Botschaft. Denn die grundsympathische Nachwuchs-Pastorin (Antonia Bill) ist die Heldin dieser Geschichte.
Der Mann hinter den Filmen ist Michael Smeaton. Will man erfahren, warum die Trau-Szene etwas Besonderes ist, muss man also ihn fragen. Bei einem Kaffee in Köln stellt der Filmproduzent zunächst mal klar: «In der Gesellschaft ist das natürlich gar nichts Sensationelles mehr. Für einen Pilcher-Film aber schon.» Der ein oder andere Zuschauer werde sicherlich auch fragen, wer auf diese Idee gekommen sei. «Oder vielleicht auch: Weiß Frau Pilcher davon?»
Modernisierung des Heile-Welt-Formats
Die Anmutung der Pilcher-Filme, die aus dem literarischen Werk der 2019 gestorbenen Autorin resultieren, ist durchaus konservativ. Beim Zuschauen beschleicht einen das Gefühl, dass diese Welt – sofern es sie denn mal gab – schon ein Weilchen zurückliegt. Schauplatz ist ein extrem aufgeräumtes England. Sonnenbeschienene Menschen tragen perfekt sitzende Kleidung, wohnen in herrschaftlichen Häusern und fahren romantische Landstraßen entlang. Dazu tragen sie Namen wie «Lady Charlotte Biningham», was einen sofort an den Loriot-Sketch denken lässt, in dem Evelyn Hamann versucht, «Lady Hesketh-Fortescue» und «Lord Molesworth-Houghton» auszusprechen.
Man kann durchaus die Frage stellen, wie sich so ein Format modernisieren lässt. Produzent Smeaton («Pilcher-Filme sind Märchenfilme») wird das auch häufiger gefragt. Er fragt dann aber zurück: Was ist moderner? Schnelle Schnitte? Andere Texte? «Ich denke, dass die Modernisierung über die Geschichten kommen muss. Das haben wir bei diesem Film gemacht», erklärt er. Natürlich lasse sich ein Pilcher-Plot in der heutigen Zeit ansiedeln.
Das Material, das momentan zu Pilcher-Filmen wird, basiere auf kleinen Erzählungen, die die Autorin einst unter Pseudonym für Frauen-Magazine geschrieben habe, berichtet er. Von deutschen Autoren sei es dann bearbeitet worden. «Das wurde aber immer mit ihr besprochen.»
Der neue Film, der auf der Erzählung «Another view» fußt und erzählt, wie sich die junge Pastorin nach ihrer Zwangsversetzung in einen Mann verliebt, den sie in ihrer neuen Gemeinde eigentlich trauen soll, entstand allerdings erst nach Pilchers Tod. In der Ausgangsgeschichte tauche die Trauung der beiden Frauen am Anfang nicht auf, so Smeaton. Sie wurde reingeschrieben.
Corona ist kein Thema für die Filme
Der Produzent glaubt aber, dass die Großmeisterin der Romanze sehr einverstanden wäre mit der Bearbeitung. Er war eng mit ihr befreundet. «Sie war eine moderne, aufgeschlossene Frau», sagt Smeaton. Ein Thema wie die Hochzeit gleichgeschlechtlicher Paare sei ihr nicht fremd gewesen. Er wagt sogar eine Prognose: «Wenn sie jetzt da oben im Himmel zuschaut am Sonntag, würde sie sicherlich sagen: Well done.»
Gesellschaftspolitisch wird Rosamunde Pilcher damit zeitgemäßer. Eine andere Realität bleibt gleichwohl weiterhin außen vor. Stichwort Corona. Ein Pilcher-Film mit Masken ist für Produzent Smeaton vollkommen undenkbar. «Da muss natürlich geknutscht werden.»
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