Ein geplantes Konzert des kremlnahen Stardirigenten Waleri Gergijew in Süditalien ruft scharfen Protest hervor. Der Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin soll am 27. Juli im Königspalast von Caserta nahe Neapel dirigieren – im Rahmen des Musikfestivals «Un’Estate da Re», das von der Region Kampanien organisiert wird.

Das italienische Kulturministerium distanzierte sich deutlich von dem Auftritt. Zwar sei Kunst frei, hieß es in einer Mitteilung, doch ein Konzert Gergijews sende eine falsche Botschaft. «Die Ukraine ist ein besetztes Land», schrieb Kulturminister Alessandro Giuli. Der Auftritt des Putin-nahen Dirigenten könne das Musikereignis «zu einem Sprachrohr russischer Propaganda» machen.

Der 72-jährige Gergijew, der zusätzlich zum Mariinski-Theater in St. Petersburg seit 2023 auch das renommierte Bolschoi-Theater in Moskau leitet, gilt seit Jahren als prominenter Unterstützer Putins. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Jahr 2022 beendeten zahlreiche internationale Kulturinstitutionen – darunter die Münchner Philharmoniker und die Mailänder Scala – die Zusammenarbeit mit ihm, weil er sich nicht vom Krieg distanzierte.

Nawalnys Witwe fordert Absage – Protestaufrufe in Italien

Mit einem deutlichen Appell für eine Absage des Auftritts reagierte die Witwe des in Haft gestorbenen russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny. Julia Nawalnaja nannte Gergijew in einem Gastbeitrag für die italienische Tageszeitung «La Repubblica» «einen Förderer von Putins krimineller Politik, seinen Komplizen». Der Dirigent sei nicht nur ein enger Freund Putins, er unterstütze seit Jahren seine Politik. Sie rief zu Protesten auf gegen Gergijew in Italien.

Sein Auftritt sei demnach kein unpolitisches Kulturevent, sondern Teil einer gezielten «Normalisierungspolitik». Nawalnys Team wirft Gergijew, der auch Musikfestivals in Russland führt, schwere Korruption und illegale Bereicherung vor.

Auch Pina Picierno, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, forderte eine Absage des Konzerts. Die Veranstaltung verstoße gegen die ethischen Grundsätze des Unesco-Weltkulturerbes, erklärte sie auf X mit Blick auf den Königspalast von Caserta, der Schauplatz des Auftritts sein soll. Auf der Sanktionsliste der EU steht Gergijew nicht.

Region verteidigt Einladung

Der Präsident der Region Kampanien, Vincenzo De Luca, verteidigte das Engagement. «Kultur ist ein Instrument, um einen Dialog offenzuhalten, auch mit denen, die nicht so denken wie wir», erklärte er in einer Mitteilung in den sozialen Medien. Neben Gergijew sei auch der israelische Dirigent Daniel Oren eingeladen. «Wir erwarten von diesen Kulturschaffenden nicht, dass sie sich für die politischen Entscheidungen der Regierungen ihrer jeweiligen Länder verantworten.»