Sänger, Juror – und nun selbst mal Sieger: Musiker Rea Garvey hat für sein Heimatland Irland den zweiten «Free European Song Contest» von Stefan Raab und ProSieben gewonnen.
Der 48-Jährige, der auch in vielerlei Musik-Shows in der Jury sitzt, triumphierte in der Nacht zu Sonntag in der Live-Show relativ deutlich über seine Konkurrenz – unter anderem erhielt er aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Höchstwertung von zwölf Punkten. Gesungen hatte er seinen Hit «The One». Als das Ergebnis feststand, reagierte Garvey fast etwas verdattert. «Ich gewinne nie was», sagte er. «Heute habe ich gewonnen!» Dann regnete es goldene Schnipsel von der Decke.
Raab hatte die Show im vergangenen Jahr als Ersatz für den damals wegen der Corona-Pandemie abgesagten Eurovision Song Contest erfunden. In diesem Jahr wurde sie – obwohl es nun wieder einen echten ESC gibt – fortgesetzt. Der Modus orientiert sich am Original, zwölf Punkte sind pro Land das Maximum. Allerdings wählen nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Zuschauer per Abstimmung ihre Favoriten. In den anderen Ländern urteilen einzelne, prominente Stellvertreter, was dem Ganzen eine leicht subjektive Note gibt. Rapper Eko Fresh etwa gab als Repräsentant der Türkei fünf Punkte nach Spanien, «einfach nur», weil er «Malle so sehr vermisse».
Das Teilnehmerfeld konnte sich allerdings sehen lassen. Für Schottland etwa ging Amy Macdonald («This Is The Life») ins Rennen, die für den Auftritt vor den leeren Rängen der Kölner Lanxess-Arena sogar eine bevorstehende Quarantäne in ihrer Heimat in Kauf nahm. Sie wurde am Ende Vierte. Davor ging für Belgien Sänger Milow («You and Me») ins Ziel. Etwas überraschend belegte der hierzulande noch nicht so bekannte Countrymusiker Danny Vera, der ein bisschen an Johnny Cash erinnert, den zweiten Platz. Er vertrat die Niederlande.
Um den deutschen Beitrag hatten Raab und ProSieben wie schon 2020 bis zum Auftritt ein Geheimnis gemacht. Spät am Abend verrieten dann die Moderatoren Conchita Wurst und Steven Gätjen den Namen: Udo Lindenberg! Beim genauen Hinsehen entpuppte sich der angebliche «Panikrocker» aber als Komiker Helge Schneider, der Lindenberg parodierte. Der Titel seines Beitrags war ebenfalls verräterisch. Er lautete «Supergeiler Helge Schneider». Schneider war schon bei der Premiere des «Free ESC» 2020 für Deutschland angetreten. Damals sang er ein Lied über das Leben in der Pandemie und Kartoffeln («Der Markt hat auf, ich bleib‘ zu Haus, lass mir Kartoffeln schicken. Ach, wie gemütlich es bei mir ist. Doch lässt sich keine blicken.»)
Für Aufsehen sorgte der Beitrag von Sängerin Elif, die für die Türkei antrat. Ihr linkes Auge war bei dem Auftritt blau geschminkt. In einem Instagram-Post dazu erklärte sie, es gehe ihr darum, ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen. In der Türkei sei die Situation besonders schlimm, so Elif. «Frauen erleben Gewalt, weil sie frei und selbstbestimmt sein wollen.»
Eine deutliche Niederlage musste Jasmin Wagner, besser bekannt als Blümchen, einstecken. An den Erfolg ihrer Eurodance-Titel wie «Boomerang» aus den 90er-Jahren konnte sie nicht anknüpfen. Ihr Beitrag für Kroatien – das Heimatland ihrer Mutter – belegte den letzten Platz. Selbst das Schlager-Duo Fantasy («Gespenster der Nacht»), das Polen vertrat und manch einen an eine Neuinterpretation von Modern Talking erinnerte, landete davor.
Mit Rea Garveys Erfolg blieb die Trophäe in gewisser Weise in der eigenen Senderfamilie von ProSiebenSat.1. Der Musiker ist im Fernsehen vielbeschäftigt – unter anderem als Juror bei «The Voice of Germany» und «The Masked Singer». Zudem ließ der Triumph Erinnerungen an die große ESC-Tradition von Irland hochkommen. Sieben Mal schon belegte das relativ kleine Land den ersten Platz.
Und Raab? Wer auf einen Kurzauftritt der Show-Gurus gewartet hatte, wurde enttäuscht. Der «Free ESC» ist aber vielleicht die «raabigste» Show, die man ohne Raab vor der Kamera sehen kann. Die Einspielfilme etwa werden von seiner alten «TV total»-Stimme vertont – und pflegen einen Humor, der auch ein bisschen retro ist. Als es darum ging, Italien vorzustellen, durfte zum Beispiel Trainer Giovanni Trapattoni noch mal seine «Flasche leer»-Rede halten. Sie stammt von 1998.
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